Wer wollte eigentlich den Krieg

In Kaminka war es Wassilij Semnowitsch, der uns zum Abendbrot einlud. Es gab Kartoffeln, Gurken, Ziegenfleisch und Wodka. Wassilij sang zur Balalaika. In den Stimmen der Mädchen war viel Traurigkeit. Wassilij schluchzte in seinen langen weißen Bart. ,,Stalin nix gutt", sagte er und machte die Gebärde des Halsabschneidens. Hitler nix besser", sagten wir.

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Auf Guernsey spielten wir mit eng­lischen Angestellten Fußball. Es ging heiß her, und es endete 3:0 für die Engländer. Nach dem Spiel  tranken wir im Old Government House eine Masse Whisky. Wir umarmten uns, und die Engländer sagten: „Churchill nix gutt", und wir Deutschen gaben zu: „Hitler nix gutt" und es entstand eine famose Freundschaft daraus.

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In Siouville gab es eine prächtige Kneipe am Strand mit Mädchen, Fischgeruch, Rum aus Jamaika und trunkene Männer mit roten Schärpen um den Bauch. Die Poilus tranken uns zu, und wir tranken zurück, und gegen zehn etwa klopften wir uns gegen­seitig auf den Rücken und lärmten: „La guerre nix gutt", und Madame weinte sogar. „Krieg grand malheur", weinte  sie.

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In Rom führte uns Lukretia in die Oper. Wir hörten den Rosenkavalier. Nachher tranken wir in einer Osteria sizilianischen Landwein, und der Mond stand über den Gärten. „Faschist nix gutt", bekannte Lukretia. „Diesen ganzen Verein soll der Satan holen", bestätigten wir. Lukretia gab uns ei­nen Kuss. Wir verstanden uns ausge­zeichnet.

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In Drontheim fragte Olav eines Abends: „Du sagen — Krieg für dich gutt?" „Nein", erwiderte ich, „Krieg ganz große Pleite." „Gutt", sagte Olav, „du nix angefangen — ich nix angefangen. Für wen eigentlich gutt Krieg?

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Das haben wir bis heute noch nicht herausbekommen, Olav.

Aus: Neue Tagespost Osnabrück 1948

Poilus (franz. die Haarigen, die Bärtigen) ist eine französische umgangssprachliche Bezeichnung für Frontsoldaten des Ersten Weltkrieges. Sie entspricht in etwa dem deutschen Begriff Landser für einen einfachen Soldaten. Aus Wikipedia.de