Abend mit Zimtsternen - Bernhard Schulz

Abend mit Zimtsternen

Weihnachtslesung im Ledenhof

Am Mittwoch, 30. Dezember, 20 Uhr, findet im Kaminsaal der Burg Ledenhof eine Lesung statt. Veranstalter ist die Literarische Gruppe e.V. in Verbindung mit dem Kulturamt der Stadt. Vorgelesen werden Advents und Weihnachtsgeschichten aus einem neuen Buch von Bernhard Schulz, das „Abend mit Zimtsternen" heißt und im Eugen SalzerVerlag, Heilbronn, erschien. Der Verlag musste bereits vier Wochen nach Erscheinen die 2. Auflage ( 6. 10. Tsd.) drucken. Siehe auch „Lesetip der Woche" auf Seite 2. Aus: ON v. 25.11.77

Geschichten von Bernhard Schulz

Am Mittwoch, 30. November, 20 Uhr, liest HansOtto Baumgarten im Kaminsaal der Burg Ledenhof Adventsund Weihnachtsgeschichten aus einem neuen Buch von Bernhard Schulz, das „Abend mit Zimtsternen" heißt und im Eugen SalzerVerlag (Heilbronn) erschien. Der Verlag musste bereits vier Wochen nach Erscheinen die 2. Auflage (5.—10. Tsd.) drucken. Aus: NOZ v. 25.11.77

Abend mit Zimtsternen

H.O. Baumgarten las Bernhard Schulz

Aus den Advents und Weihnachtsgeschichten von Bernhard Schulz, die unter dem Titel „Abend mit Zimtsternen" erschienen, las HansOtto Baumgarten einzelne Erzählungen im Ledenhof. Diese Advents und Weihnachtsgeschichten schwimmen nicht in abgenutzter Gefühlsseligkeit. Sie berichten von echter Weihnachtsfreude, die aus dem Nachdenken und Handeln gegenüber dem Mitmenschen erwächst. Vor allem aber erzählen sie von dem, was sich an kleinen und kleinsten Begebenheiten rund um das Fest ereignet, zu einem einheitlichen Spektrum zusammengefasst durch die Sicht des Autors, der diese bunte Welt der Ereignisse in heiterem Abstand glättet und kommentiert. Man könnte auch meinen, dass der versteckte Witz der eigentliche Erzählanlass war, zufällig angesiedelt in der Zeit um Weihnachten. Tiefe der Empfindung und der Hintersinn des Geschehens werden dabei nicht übergangen, jedoch nicht ernster genommen, als ihnen von der Sache her zusteht. Weihnachtsgeschichten mit Lachfältchen!

Das alles ist mit wirklicher Fabulierlust erzählt, die den amüsierenden Charme des Plauderns, die Behaglichkeit epischer Breite und die kühn gesetzten Spannungseinschnitte gekonnt miteinander kombiniert. Pointen werden gezielt gesetzt, Höhepunkte angedeutet, dem vagen Mitwissen des Hörers (Lesers) überlassen und endlich doch anders gelöst.

Ins entsprechende Licht gesetzt wurden all diese Momente der Erzählkunst durch die meisterhafte Rezitation HansOtto Baumgartens. Starker und langanhaltender Beifall für den Autor und Sprecher. Margret Lejeune Aus: NOZ v. 2.12.77

 

Lesetip

Bernhard Schulz: „Abend mit Zimtsternen", Advents und Weihnachtsgeschichten,
80 Seiten, 6,80 DM, Eugen SalzerVerlag, Heilbronn.

In einer nüchternen Zeit, die lieber Börsenberichte, Fußballspiele und Terrorsensationen liest als Adventsund Weihnachtsgeschichten, bedarf es des Mutes, ein solches Buch in der Unruhe der Welt auf den Tisch zu legen. Diesen Mut hat Bernhard Schulz mit seinem neuen Buch „Abend mit Zimtsternen" bewiesen. Wer ältere Weihnachtsbücher kennt, etwa das von Selma Lagerlöf „Christuslegenden" oder Felix Zimmermanns „Das Jesuskind in Flandern", wird das neue Buch von Bernhard Schulz um so mehr schätzen, weil es so recht in die kommenden Adventstage passt und sich beim Schein der Adventskerzen zum beschaulichen Vorlesen eignet.

Es ist eine bemerkenswerte Gabe von Bernhard Schulz, auch hinter den einfachen Dingen und unter einem unscheinbaren Geschehen den Hauch der echten Poesie, den Kern einer leisen Novelle oder den Seufzer eines kleinen Dramas zu entdecken und plastisch darzustellen. Denn auch der einfachste Alltag hat seine dramatisch und schmerzvoll geschürzten Knoten, die eine lindernde Hand liebevoll auflöst, sodass über allem der Trost „trotz Tod und Tränen" schwebt. Vieles aus dem eigenen Leben des Verfassers spielt hinein, Rückerinnerungen an eine Jugendzeit, die noch nicht vom Tempo der Gegenwart überrannt ist.

Dazu kommt die gute, klare und beherrschte Sprache des Dichters, die keiner modernen Verschrobenheit verfällt, keiner barocken Unlesbarkeit, sondern die sich in ihrem Stil der wertvollen Substanz der deutschen Sprache bewusst ist. Über den vierzehn Geschichten liegt ein nachdenklicher Hauch mit einer dahinter verborgenen Neigung zur Komik über das Unglück der kleinen Leute, eine zarte Wehmut, dass die

Welt oft mehr der Lieblosigkeit zuneigt, als voller Anteilnahme am Geschick des Mitmenschen teilzunehmen oder ihm eine hilfreiche Hand hinzustrecken. Der goldene Schein der Weihnachtskerzen leuchtet wie ein unverlierbarer Trost in die Verworrenheit des Alltags, der immer wieder vom Geist der Weihnacht überglänzt wird. Damit hat uns Bernhard Schulz ein echtes Weihnachtsgeschenk gemacht, das die stillen Stunden verzaubern kann.

Den Einband des Buches ziert ein Bild der Osnabrücker naiven Malerin Eva-Maria Sonneck: Es strahlt geradezu vom Glück des Heiligen Abends.

Hanns Gerd Rabe
 

Abend mit Zimtsternen

Weihnachtsgeschichten von Bernhard Schulz

Im Eugen Salzer Verlag erschien unter dem Titel „Abend mit Zimtsternen" eine Sammlung von Adventsund Weihnachtsgeschichten des Osnabrücker Autors Bernhard Schulz (80 Seiten, 6,80 DM).

Weihnachten ist für den Erzähler nicht nur der Heilige Abend, das Hohe Fest voll Kerzenlicht und Orgelklang, sondern vor allem eine Zeit, in der die Vorsätze, Gutes zu tun und Liebe zu schenken, besser gedeihen als sonst. Schulz zählt in atmosphärisch eindringlichen Skizzen Taten auf, die in der Stille geschehen und für die keine Glocke geläutet wird. Dabei spielt die Liebe zu den kleinen Dingen mit. Ein Brummkreisel klingt in des Autors Ohren besser als ein Posaunenchor, und das mit falschem Hermelin besetzte Gewand eines Nachtwächters, der den Weihnachtsmann spielt, ist wichtiger als ein kostbarer Nerzmantel.

NOZ v. 21.11.77

Abend mit Zimtsternen

Im EugenSalzerVerlag erschien ein neues Buch von Bernhard Schulz mit dem Titel „Abend mit Zimtsternen". Es enthält Adventsund Weihnachtsgeschichten, wie es schon der Titel ahnen lässt. Bernhard Schulz, seit Langem als Meister der kleinen Geschichte bekannt, fügt der Reihe ähnlicher Bücher wie „Bei Kerzenlicht erzählt", „Blaue Stunde", „Damals auf dem Dorfe" ein Werk hinzu, das von seiner Liebe zu den einfachen Dingen und den Menschen des Alltags zeugt. Wie er das aus dem Blickwinkel gütigen Verstehens und leise lächelnder Liebe sieht, wie er es aus alten Erinnerungen heraufbeschwört und mit einer leisen zärtlichen Ironie, die vor sich selbst nicht haltmacht, erzählt, wie er zum Lächeln zwingt, das jeden Spotts und jeder verletzenden Bitterkeit ermangelt, das ist eine Erzählkunst, die man ihres schönen Klanges und ihrer lebendigen Wahrhaftigkeit wegen lieben muss. Die Einbandgestaltung durch EvaMaria Sonneck wirkt mit, dass man das Buch gleich mit froher Erwartung zur Hand nimmt. Der Preis des Buches beträgt 6,80 DM.

K. K.  Osnabrück Stadt + Land v. 1.12.1977

 

Geschichten für Advent und Weihnachten

Pfeffernüsse, Tannenduft und Lichterglanz zaubern auch für diese Geschichten den passenden Rahmen. Vor allem aber ist Advent und Weihnachten in diesen Geschichten die Zeit, in der die Vorsätze Gutes zu tun und Liebe zu schenken besser gedeihen als sonst.

"Es kam mir vor, als eilten alle Stunden, alle Tage, alle Wochen im Jahr auf Weihnachten zu, der regnerische Frühling so gut wie der heuduftende Sommer und erst recht der Herbst, wenn es dämmrig wurde und die Wal­nüsse auf den Schulhof prasselten", heißt es in einer dieser Geschichten.

Weihnachten ist für den Erzähler nicht nur der Heilige Abend, das hohe Fest, diese Feiertage voller Kerzenlicht und Orgelklang, nein, in den Herzen der Menschen bricht Verstehen füreinander auf, der Vorsatz Gutes zu tun, Gleichgültigkeit in Anteilnahme zu verwandeln. Bernhard Schulz zählt Taten auf, die in der Stille geschehen und für die keine Glocke geläutet wird. In diesen Erzählungen wirkt die Liebe zu den kleinen Dingen mit: ein Brummkreisel klingt herrlicher als ein Posaunenchor und das mit falschem Hermelin besetzte Kostüm eines Nachtwächters, der den Weihnachtsmann spielt, schneidet besser ab als ein Nerzmantel.

- Quelle unbekannt -

 

Das Himmelreich ist nahe

Abend mit Zimtsternen" ist die kleine Sammlung von Advents und Weihnachtsgeschichten von Bernhard Schulz überschrieben, gerade passend zum Fest.

Hier eine Kostprobe aus dem Bändchen.

Wir nannten sie die „alte Grete", und wir hatten uns daran gewöhnt, ihr zu begegnen und so zu tun, als gäbe es sie gar nicht; denn die alte Grete war nicht ganz richtig im Kopf. Außer dem Vornamen wusste man nichts über ihre Person, die in einem dem Krankenhaus angeschlossenen Gebäude lebte, das vor langer Zeit eine Volksschule gewesen war und nun als Armenhaus, auch als Herberge für Menschen diente, die vorübergehend obdachlos geworden waren. Aber die Obdachlosen blieben immer nur ein paar Tage, höchstens eine Woche, indes die alte Grete hier zu Hause war.

Das Armenhaus unterstand den Armen Mägden Christi, so nannten sie sich, und auf ihre stille, unglaublich geduldige Weise übten sie den Dienst an den Kranken und Armen aus, ohne dass jemals ein Wort des Dankes an die große Glocke kam.

Jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit zogen die Schwestern mit den Waisenkindern, die ebenfalls von ihnen betreut wurden, ein Märchenspiel auf. Die Aufführung fand in der Kaiserhalle statt, die der Schützenverein für seine Veranstaltungen erbaut hatte.

Nach der Vorstellung gingen die als Wichtelmännlein verkleideten Waisenkinder mit ihren angeklebten Barten zwischen den Stuhlreihen umher und sammelten Geldspenden in sackleinene Beutel, die auch in dem Stück auf der Bühne eine Rolle gespielt hatten. Es muss da immerhin so viel zusammengekommen sein, dass die Waisenkinder und die alte Grete und ein paar triefäugige verhutzelte Burschen ein Weihnachtsgeschenk bekommen konnten.

Die alte Grete mochte in jener Zeit, als ich zur Schule ging, an die siebzig Jahre alt sein. Sie war ein Bestandteil der dörflichen Szenerie, wie es hie und da ja auch einen Baum gab, eine Linde oder eine Rotbuche; sie standen da und wurden auf eine Weise alt, die nicht wahrzunehmen war.

Die alte Grete war ein dürres, geradezu skelettenes Geschöpf, das den größten Mann im Dorf noch um Haupteslänge überragte. Aber das Merkwürdige an ihr bestand darin, dass sie im Lauf ihrer siebzig Jahre krumm geworden war. Sie war einem Fragezeichen vergleichbar, das mit wallendem Rock umherflatterte. Sie ging vornübergeneigt, krummer als alles andere, was krumm war, und sie ging mit einer Art Stechschritt, wie ihn Soldaten beim Vorbeimarsch haben, wobei sie die Hände auf dem Rücken ineinander verschränkte, als wäre sie bemüht, sich selbst hochzuziehen.

Die alte Grete war, obwohl sie im Kopf nicht ganz richtig war, harmlos. Sie hat niemals Feuer gelegt oder Äpfel gestohlen oder Kinder geschlagen, die sie anglotzten. Sie ging in Holzpantinen umher und machte mit diesem militärischen Schritt, den sie sich angewöhnt hatte, die Leute aufmerksam.

„Die alte Grete kommt", sagten sie, weiter nichts. Die alte Grete, dieses tumbe Weib ohne eine Spur von Verstand im Kopf, gehörte so selbstverständlich zu ihnen, dass sie nicht einmal Mitleid oder Unwillen erweckte.

Im Gegenteil, sie brachte es fertig, die Leute zum Nachdenken anzuregen. Sie hatte aus Jahren, die in völliger Dunkelheit hinter ihr lagen und in denen sie im Kopf noch nicht so durcheinander war wie heute, einen einzigen Satz festgehalten, ein Bibelwort, und dieses Wort wiederholte sie immerzu, hundertmal am Tag. Das Wort hieß: „Das Himmelreich ist nahe."

Auch das muss gesagt sein, dass die alte Grete böse Augen hatte in einem knöchernen Gesicht, vor dem die Kinder sich fürchteten, und in dieses Gesicht hinein strähnte.

Aus: Kirchenbote,11.12.1977



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