Bernhard Schulz: Wiederauflage wartet auf Bestellungen!
Von Heiko Schulze
Eine OR-Serie, von der fast schon 20 Beiträge erschienen sind, hat den Autor Bernhard Schulz
(1913– 2003) inzwischen auch jüngeren Generationen in unserer Leserschaft bekannt gemacht. Der Alt-Osnabrücker darf
in der Tat zu jenen Chronisten gezählt werden, die sich in der literarischen Welt auch fernab der eigenen Heimat
einen Namen gemacht haben. Für die moderne OR ist Schulz sogar eine Art „Ur-Kollege“. Schließlich zählte er anno
1946 zu den tonangebenden Redakteuren der ersten Osnabrücker Rundschau, die heutzutage infolge ihres
Gründungsjahres als Osnabrücks älteste Zeitung gelten darf.
Geteilte Freud, geteiltes Leid: Bernhard Schulz zählte natürlich auch zu jenen, die persönlich erleben mussten,
dass ihrem Blatt mit einem halben Jahr allenfalls ein kurzes Leben beschieden war. https://os-rundschau.de/featured/1-maerz-1946-wie-es-zur-ersten-osnabruecker-rundschau-kam/
Die literarische Lebensleistung von Bernhard Schulz dürfte im Raum Osnabrück ihresgleichen suchen. 24 Bücher und
fast 2.400 (!) Kurzgeschichten sind seit 1934 erschienen. Letztere erschienen in Zeitungsausgaben, Anthologien und
Sammelbänden - und sogar einem Hörbuch. Womöglich durfte die heutige OR ein klein wenig dabei helfen, eine Art
„Wiedergeburtshilfe“ zu leisten. Denn besonders herausragende Schulz-Bücher sind jetzt endlich wieder
erhältlich!
„Vokabeln wie Kampf, Pflicht, Treue, Ehre, Unsterblichkeit, Ruhm … gibt es bei mir
nicht!“
In einem Punkt bewies der verantwortliche Neudruck-Initiator Ansgar Schulz-Mittenzwei besonderen Mut. Denn mitten
unter den Neuauflagen befindet sich auch ein von Nazioberen völlig entstellter Roman. Eine authentische Reise in
die brutale Welt des Krieges sollte nämlich die ursprünglich an Kriegsorten Frankreichs und Deutschlands
aufgeschriebene Abhandlung „Im Westen. Aufzeichnungen eines Landsers aus dem Feldzug nach Frankreich“ vermitteln.
Doch die Nazi-Zensoren sahen all dies völlig anders. Herausgekommen ist stattdessen der Prototyp eines Machwerks,
in dem, wie Schulz es aus dem Kriegsgeschehen in einem Feldpostbrief an seine Frau darstellte, „zurechtgebogen“
wurde, „dass es mir vor den Augen schwindelt und ich meine eigenen Kinder nicht wiedererkenne.“ Später kommentiert
Schulz im gleichen Brief bezeichnend: „Vokabeln wie Kampf, Pflicht, Treue, Ehre, Unsterblichkeit, Ruhm etc. gibt es
bei mir nicht (…). So wird einem auch das Schreiben mächtig verleidet.“ 1944 erschien unter ganz ähnlichen
Umständen der Landser-Roman „Die Straße der Väter“, dessen Neuauflage ebenso jetzt studiert werden kann.
Ein völlig anderes, realistisches Bild des Nazi-Terrors beschreibt dagegen der Erzählungsband „Nach Auschwitz ins
Wochenende“. Schulz thematisierte diese Stätte des Massenmordes zwar deutlich nach Kriegsschluss, aber seinerzeit
noch immer in einer Zeit, als die „Endlösung“ der braunen Machthaber noch längst nicht zu den zufriedenstellend
erforschten Themen historischer Aufarbeitung zählte.
Einen ganz anderen Krieg, dargestellt am Beispiel eines Geistlichen, der sich gegen napoleonische Besatzungstruppen
im frühen 19. Jahrhundert auflehnt, schildert Schulz in seinem Werk „Das Löwenbanner“. Es ist ein klassischer
Heimatroman, hier allerdings aus dem Bergischen Land. Schulz bekennt sich dabei recht menschlich dazu, mit diesem
Buch einer „knabenhaften Begeisterung“ nachgegeben zu haben.
In der Schulz-Erzählung „Das Gurren der Trauben in der Sommerzeit“ sowie in den beiden Sammelbänden „Nachmittag mit
langsamer Erwärmung“ und „Den Löwenzahn zermalmt nicht die Kesselpauke oder Hinwendung zur Geborgenheit“, letzterer
Titel erschien bereits neu anno 2018, beweist sich Schulz einmal mehr als Meister seines Metiers.
Last, but not least: Ein waschechter Osnabrück-Roman ist das Werk „Wendeltreppe zum Glück“. Aufbaufreudige
Osnabrückerinnen und Osnabrücker erleben den Wiederaufbau ihrer Stadt – und Lesende erleben eine Zeitreise in
scheinbar vertraute Orte, die heute völlig fremd erscheinen.
Und wo bekommt man alles?
Zu erstehen sind die genannten Schulz-Bücher als Print- oder auch als E-Books über die Website seines Sohnes
Ansgar: www.BernhardSchulz.de. Viel Zuspruch verdient auch die von
Ansgar Schulz-Mittenzwei liebevoll ins Netz gestellte, zahllose Text- und Bildquellen aufweisende Website
www.BernhardSchulz.de. Wer sich einen allerersten Überblick
verschaffen will, sollte sich den umfangreichen Wikipedia-Beitrag zu Bernhard Schulz anschauen – oder Kostproben
aus dem reichen Fundus an OR-Kurzgeschichten, die überdies mit treffenden Karikaturen des Wolf-Freundes und
Kult-Zeichners Fritz Wolf bestückt sind.
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