Lesungen
Anregung zum erheiternden Nachdenken, Bernhard Schulz las im Ostercappelner Bauhof
Ostercappeln (gö) Ruhiger, oft hintergründiger Humor, der nicht konstruiert der Phantasie,
sondern der aufmerksamen Beobachtung entspringt, macht den Reiz der Kurzgeschichten und Erzählungen des
Bernhard Schulz aus, der auf Einladung des Kulturringes Ostercappeln im Bauhof las.
Vor einer sehr kleinen Kulisse gelang es dem Literaten und Journalisten auf sehr hohem Niveau
seine Sicht der Dinge zum Besten zu geben. Das Spöttische in Schulz' Geschichten ist niemals verletzend,
sondern eher ehrenhaft humorvoll. Wenn er beispielsweise im Stil des Feuilletoni-sten das „Hohelied'' des
Grünkohls singt, den jedes deutsche Vereinsmitglied in der kalten Jahreszeit zu seiner Leibspeise stilisiert,
ist Bernhard Schulz doch immer genauer, wenn auch erheiternder Beobachter. Schulz ficht mit dem literarischen
Florett, nicht mit dem Schwert.
Auch Vorweihnachtliches hatte der ehemalige Feuilletonredakteur des Osnabrücker Tageblattes im
weiten Repertoire. Der Erzähler mit familiärem Artlandhintergrund beschreibt detailgetreu den „Stall von
Betlehem", wobei das Heilige Land so aussah,
wie der Künstler sich das vorstellte.
Den musikalichen Part des Abends übernahm Susanne Schepers.
Faszinierte mit hintergründigem Humor: Der Literat und Journalist Bernhard Schulz aus Osnabrück.
Fotos: Gödecker
Schulz las aus „Poesie der Feldwege'' und „Ruprecht mit dem Holzbein" - Geschichten, die den
Menschenfreund verrieten, für den das Schreiben mehr ist als bloße Profession. „Rißpeters Gemüsehandlung" ist
eine Kurzgeschichte, die humorvoll mit Traditionen umgeht; nicht um sie zu karikieren, sondern um sie zu
bewahren. Das Plädoyer für den Tante-Emma-Laden oder auch „Der Hahn im Kaffeehaus", wo sich ein junger Bauer in
der Großstadt blamiert, da sein Tier den „Kampfruf der gedemütigten Kreatur" nicht unterlassen will, sind
immer auch Verteidigungsschriften für die „gute alte Zeit". Was Schulz zum Thema nimmt, sind oftmals
Erinnerungen, die auf die eigene Biographie zurückzuführen sind und auch den Vergleich zwischen gestern und
heute ziehen, wobei die Gegenwart eher schlechter wegkommt.
Doch Bernhard Schulz ist kein Traditionalist, der glorifiziert, sondern einer, der mit der
Beschreibung des Einzelfalls zum erheiternden Nachdenken anzuregen weiß, oder aber einfach in der Lage ist,
mittels der Sprache kurzweilig zu unterhalten. Unterbrochen wurde der Vortrag nur von Susanne Schepers, die
Klassisches auf der Querflöte intonierte: Das Auditorium spürte, dass hier nicht nur ein Schriftsteller, sondern
vor allem ein Erzähler am (engagierten) Werke war.
Als Kenner seiner Texte bereitete der Lesende jede Pointe vor und hatte auch nach 90 Minuten
noch viel zu bieten. Im Bauhof war zu spüren, dass Bernhard Schulz mit und in seinen Geschichten lebt, ein
Chronist der Kleinigkeiten, die vielleicht schneller verschwinden, als es uns recht sein kann.
Aus: Neue Osnabrücker Zeitung, Wittlager Kreisblatt, 16.12.1995
Aus Büchern von Bernhard Schulz
Im Kulturgeschichtlichen Museum (Oberlichtsaal) beginnt heute um
20 Uhr eine Lesung aus neuen Büchern von Bernhard Schulz. Auf Einladung der Literarischen Gruppe lesen Petra
Constanza und Hans Otto Baumgarten.
"Damals auf dem Dorf"
Die Literarische Gruppe widmete die 15. und letzte Lesung des
Jahres zwei Büchern von Bernhard Schulz, die 1976 erschienen sind.
Vier Kostproben aus „Damals auf dem Dorf: Kurzgeschichten der
Erinnerung, in denen etwa ein Kragenknöpfchen zur Chiffre eines Zeitalters wird. An alten Klassenfotos entzündet
sich Erzählerfantasie. Da wird ein scheinbarer Gauner in einen guten Freund verwandelt. Da findet die
lebenslange Angst eines Jungen vor Donner und Blitz im Krieg tragische Rechtfertigung. Da werden Gewissensbisse
wegen eines Falles von Völlerei im Geäst einer Eiche nach zwanzig Jahren ernährungswissenschaftlich
entschärft.
Stets sind diese facettenreichen Miniaturen mit Bedacht und
feuilletonistischem Vermögen auf dezent schimmernde oder humoristisch blitzende Pointen
zugeschliffen.
Dass er nicht nur zu den Meistern der kleinen Form gehört, bewies
Schulz wieder mit der umfangreichen Novelle vom „Gurren der Tauben in der Sommerzeit", die eine Rezensentin
jüngst als „Entwicklungsroman im Kleinen" bezeichnete. Sie wurde an dieser Stelle bereits ausführlich
besprochen. Aus dem liebenswert realistischen, mit formaler Energie komponierten Bericht über eine Kindheit auf
dem Lande waren die Kapitel über das einsame Sterben der Frau Allevelt und über die Romanze zwischen Priska und
dem jungen Ich-Erzähler im Hohlraumgelass eines Fachwerkhauses.
Als Interpreten machten sich um den Autor Petra Constanza und
Hans-Otto Baumgarten verdient. Sie ist eine charmante, nicht immer ganz deutlich artikulierende Vorleserin. Er
ist ein Sprecher, der Pointen und Zwischentöne aufzuspüren und zu übermitteln versteht.
Viel Beifall im gutbesuchten Oberlichtsaal des
Kulturgeschichtlichen Museums.
Manfred Böhmer, 9.12.1976
NOZ
Begegnung mit Autoren
Dominikanerkirche: Lyrik und Prosa im Literaturcafe
Lyrik und Prosa bei Kaffee und Kerzenschein — mit dem Literaturcafe im Foyer der
Dominikanerkirche im Rahmen der Künstlerwoche wurde nicht nur eine behagliche Atmosphäre für die Lesung von
vier Autoren der Literarischen Gruppe Osnabrück geschaffen, sondern ebenso die persönliche und zwanglose
Auseinandersetzung mit den Autoren und ihren Werken angeregt. Inhaltlich und formal-ästhetisch stellte man
den Zuhörern ganz Unterschiedliches vor, was sicherlich zum Reiz der Veranstaltungen beitrug.
Mit drei Kurzgeschichten aus seinen 17 Büchern, zum Teil vorgetragen von Gudula
Budke, zeigte Bernhard Schulz seine Fähigkeit, Personen liebevoll und mit genauem Blick ,,nachzuzeichnen",
sie in ihrer Umwelt und mit ihrer Lebensweise humorvoll, mit einem „Schuss" Ironie und dennoch human
darzustellen. Kindheitserinnerungen, das Leben auf dem Land oder in der Stadt gehören zu den Bereichen, die er
in seinen teilweise authentischen Geschichten aufgreift. Dass er dabei nicht in die Verklärung der guten,
alten Zeit" abrutscht, bewies er in „Balkon mit Aussicht auf eine Blautanne", in der die Leidensgeschichte
eines altes Mannes beschrieben wird, der sich gegen die Abholzung alter und besonderer Bäume für einen
Parkplatz wehrt und dafür von seiner Umwelt als Querulant und Störenfried abgestempelt wird.
Einen Querschnitt durch ihr Schaffen gab Gisela Breidenstein. Kraftvoll und
ausdrucksstark zeigten sich die von ihr vorgetragenen Gedichte, bildhaft und symbolisch werden Themen wie
Vergänglichkeit oder Umweltzerstörung dargestellt, aber auch in witziger Form beispielsweise der „Aufstand
der Nadeln". In leuchtenden Farben und Bewegungen dagegen fangen „Sommernacht", „Adria" oder
„Sommerlandschaft" Reiseerinnerungen und Landschaften ein. Viel Beifall fand „Am Stadtrand", dass einen Gang
durch den Stadtteil „Wüste" beschreibt.
Eine deutliche Entwicklung von einer knappen und klaren Sprache hin zu einer einfühlsamen und weichen Lyrik zeigte sich bei Ursula Bernhard, die bewusst ältere
Gedichte und neuere Skizzen nebeneinanderstellte. Empfindsam und mit Gefühl schildert sie in diesen Skizzen
Situationen aus ihrem täglichen Leben. Auch Schönes zu suchen und darzustellen ist heute ihr Anspruch. Als
Malerin sucht sie darüber hinaus die Verbindung dieser beiden Ausdrucksformen. Dynamisch und eindringlich
vermittelte Ulrike Mehdi-Irai in „Die Sache mit Benno" die Gestalt des Schülers Benno, der sich gegen eine
Ordnung in der Schule, die er nicht versteht, auflehnt und schließlich an der Ablehnung der Lehrer scheitert.
„Ein bisschen Benno hat wohl jeder noch in uns", urteilten die begeisterten Zuhörer, die die Person Bennos
deutlich vor ihren Augen sahen.
Mit frechen Gedichten, die man sich durchaus als vertonte Lieder vorstellen
kann, rundete Ursula Bernard das abwechslungsreiche Programm ab. umd
Aus: Neue Osnabrücker Zeitung, 1985
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